Martin-Luther-Gedächtniskirche Mariendorf
Hier finden Sie Bilder der Martin-Luther-Gedächtniskirche
Die Martin-Luther-Gedächtnkirche ist ein erschreckendes Zeugnis nationalsozialistischer Geschichte in Berlin-Mariendorf. Symbole des Glaubens stehen im Bildprogramm neben Zeichen der nationalsozialistischen Ideologie. Im Mittelpunkt des ikonografischen Programms stehen ein Triumphbogen und die Kanzel.
Fotos: Inga Haar
Die Martin-Luther-Gedächtniskirche wurde in der NS-Zeit erbaut und stellt ein erschreckendes Zeugnis jener Zeit dar. Sie wurde von 1933 bis 1935 nach den Plänen des Architekten Curt Steinberg für die Kirchengemeinde errichtet.
Besonderheiten der Gestaltung
Der Triumphbogen befindet sich im Übergang zwischen Kirch- und Altarraum. Er ist elf Meter hoch und etwa eineinhalb Meter breit. Auf ca. 800 Ornamentplatten sind neben zahlreichen christlichen Symbolen auch Köpfe von Soldaten mit Stahlhelm, ein Kopf eines SA-Mannes und das Symbol der nationalsozialistischen Wohlfahrt abgebildet. Hakenkreuze waren ebenfalls abgebildet, wurden nach 1945 entfernt.
Die Kanzel ist mit einem Relief geschmückt. Es zeigt die Bergpredigt dem Zeitgeist angepasst. Unter die Darstellung des Volkes mischen sich neben einem Arbeiter und einem Großbürger mit Familie ein Soldat mit Stahlhelm und ein SA-Mann mit Stiefeln.
Die Einflüsse des Nationalsozialismus auf die Ausstattung der Kirche zeigen sich neben dem bildnerischen Schmuck im Altarraum auch im nördlich gelegenen Vorraum der Kirche. Dort ist heute an der Ostseite das Relief des Kopfes von Martin Luther eingefügt. Ursprünglich war hier ein Hitlerkopf zu sehen. Auch die Orgel hat eine Vorgeschichte: Sie wurde beim Nürnberger Reichsparteitag der NSDAP 1935 gespielt, bevor sie in die Martin-Luther-Gedächtniskirche eingebaut wurde.
Die Kirchengemeinde und die Martin-Luther-Gedächtniskirche
Trotz der ideologischen Öffnung der Gemeinde Anfang der dreißiger Jahre zum Nationalsozialismus hin, war die Kirche dank des damaligen Pfarrers Max Kurzreiter, der sich als Geistlicher der „Bekennenden Kirche“ gegen die von den Deutschen Christen proklamierte Einheit von Christentum und Nationalsozialismus wehrte, auch eine Zufluchtsstätte. So war diese Kirche gottesdienstlicher Ort des Schriftstellers Jochen Klepper und seiner Familie. Noch 1938 ließ sich der Schriftsteller und seine jüdische Frau Hanna Klepper durch den befreundeten Pfarrer Kurzreiter in dieser Kirche trauen.
Die Mariendorfer Kirchengemeinde nutzt die Martin-Luther-Gedächtniskirche mittlerweile nicht mehr als Gottesdienstraum. Die Kirche gehört seit 1963 zum internationalen Nagelkreuzzentrum. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Vergangenheit hat auch in denachtzger zu Veränderungen im Innenraum der Kirche geführt. Der polnische Künstler Pawel Warchol schuf 14 Stationsbilder für den Kirchraum, die sich motivisch mit dem Konzentrationslager Auschwitz als Inbegriff der NS-Vernichtungspolitik auseinandersetzen. Die Bilder stellen den Betrachtern das Ergebnis der nationalsozialistischen Ideologie vor Augen und erinnern an den mangelnden Widerstand gegen die NS-Ideologie in Kirche und Gesellschaft in den Jahren 1933-45.