02/07/2024 0 Kommentare
Montessoris sensible Phasen
Montessoris sensible Phasen
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Montessoris sensible Phasen
Laut der Montessori-Pädagogik durchläuft jedes Kind verschiedene sogenannte sensible Phasen. Charakteristisch daran sind angehäufte Lernerfolge, aber auch regressive Kompetenzverluste. Diese einzelnen Entwicklungsabschnitte zeichnen sich durch eine besondere Empfänglichkeit für bestimmte Lerninhalte aus. Um hier Sicherheit zu erleben, möchte das Kind in anderen Bereichen wieder „kleiner“ sein. In diesen sensiblen Phasen nimmt das Kind die entsprechenden Lerninhalte besonders leicht auf und sucht von sich aus nach Übungsmaterial, das die jeweiligen Fähigkeiten ausbaut. Zusammenfassend ist eine erhöhte Exploration zu beobachten. Ein Kind, das zum Beispiel in die sensible Phase für die Lese- und Schreibfähigkeit eintritt, beginnt plötzlich überall nach Buchstaben Ausschau zu halten und experimentiert von sich aus mit ihnen. Ist der Erwerb einer bestimmten Fähigkeit Abgeschlossen; geht die sensible Phase für diese Inhalte wieder vorbei und der Eintritt in eine neue Phase kann erfolgen. Die sensiblen Phasen sind also vorübergehend und dienen dazu, die Grundlage für spätere Fähigkeiten zu schaffen. Sie befähigen das Kind, neue Kenntnisse rasch und spielerisch zu erwerben. Daher ist es ausgesprochen wichtig, dem Kind ausreichend Anreize zu bieten, die der momentanen sensiblen Phase entgegenkommen. Denn so leicht wie in diesen Phasen wird es dem Kind nie wieder fallen, diese Fähigkeiten zu erlernen.
Sensibilität von 0 bis 3 Jahren
Die ersten Lebensjahre eines Kindes sind aus der Sicht Montessoris gekennzeichnet durch eine besondere Sensibilität für Bewegung, Ordnung und Sprache. Die besondere Empfänglichkeit für Bewegung wird daran sichtbar, dass das Kind in seinen ersten zwei Lebensjahren eine ganze Reihe motorischer Fähigkeiten erlangt. In recht kurzer Zeit entwickelt sich die sehr feine Handmotorik, erste Fortbewegung bis zum Laufen und schließlich ein ausgeprägtes Gleichgewicht. Dabei ist nicht nur die Bewegung selbst in der sensiblen Phase inbegriffen, sondern auch die Wahrnehmung und die Kognition, die dafür nötig sind. Um sich zum Beispiel zu drehen, muss ein Säugling zunächst eine Vorstellung davon haben, welche Bewegung er überhaupt machen möchte. Für das gezielte Drehen ist außerdem die geplante Aktivierung verschiedener Muskeln nötig. Nach Montessoris Vorstellung entsteht so ein erstes, bewusstes Ich.
Unter Ordnung verstehen PädagogInnen im Sinne der sensiblen Phasen nicht den „erwachsenen“ Begriff der Ordentlichkeit. Viel mehr ist die Ordnung der Lebenswelt gemeint, wie etwa des Tagesablaufs oder der Beziehungen zu anderen Menschen. Kinder in diesem Alter reagieren oft sehr empfindlich darauf, wenn von der üblichen Ordnung abgewichen wird. Dies macht auch Sinn, wenn man sich vor Augen führt, wozu diese Phase dient: Das Kind versucht, die Welt um sich herum zu verstehen und für sich zu „ordnen“. Gerät etwas für das Kind durcheinander, bedroht dies die Orientierung des Kindes. In Montessoris Konzept bildet sich in dieser Phase der „innere Orientierungssinn“, der eine Voraussetzung für die Bildung der Persönlichkeit darstellt.
Die sensiblen Phasen in der heutigen Forschung
Montessoris Gedanken zu den sensiblen Phasen gehen zwar schon auf die Anfänge des 20. Jahrhunderts zurück, haben aber von ihrer Aktualität nichts eingebüßt. Im Gegenteil: Ergebnisse der aktuellen Hirnforschung stützen die Theorie der sensiblen Phasen. Laut führenden NeurowissenschaftlerInnen ist davon auszugehen, dass bei unserer Geburt nur eine Art Grundbauplan für die Vernetzung in unserem Gehirn vorliegt. Dieser Grundplan steuert die grundlegenden Funktionen, die nötig sind, damit wird lebensfähig sind, wie etwa den Herzschlag, die Atmung oder die Reflexe. Nach der Geburt (und zu Teilen auch schon im Bauch der Mutter) beginnt die feinere Verschaltung der Nervenzellen. Diese ist abhängig von äußeren Reizen. In einer sensiblen Phase, so die Forschung, entstehen wie kleine Explosionen zahlreiche neue Verknüpfungen für einen bestimmten Bereich des Gehirns. Hüther spricht von neuronalen Nervenautobahnen, die ein Leben lang bestehen. In den verschiedenen kindlichen Phasen wird so unser Hirn strukturiert und für unser Leben ausgerüstet. Manche Fähigkeiten können laut der Wissenschaftler in den entsprechenden Phasen gelernt werden, wenn das Kind ausreichend Input erhält, oder sie werden irreversibel verpasst.
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