Zwangsarbeiter Wasyl Kudrenko überlebt den Krieg in Berlin

Zwangsarbeiter Wasyl Kudrenko überlebt den Krieg in Berlin

Zwangsarbeiter Wasyl Kudrenko überlebt den Krieg in Berlin

# KK Kriegsende

Zwangsarbeiter Wasyl Kudrenko überlebt den Krieg in Berlin

Wasyl Kudrenko ist Opfer von Krieg und Willkür geworden: 1943, als Siebzehnjähriger, wird er aus der Ukraine nach Deutschland verschleppt. Man zwingt ihn zur Arbeit auf Berliner Friedhöfen. Was er erst 50 Jahre später erfährt: Das Zwangsarbeiterlager, in dem er leben musste, betrieb die Evangelische Kirche.

1944 beginnt er sein Leben in Berlin zwischen Bombenhagel, Hunger und schwerster Arbeit in einem Tagebuch festzuhalten. Kudrenko ahnt und erhofft das Ende des Krieges. Er verfolgt die Frontlinien, die erbitterten Kämpfe und überlebt die nahezu täglichen Bombenangriffe in Berlin.

Seine Aufzeichnungen sind als Buch „Bist Du Bandit?“ erschienen. Einige Passagen von ihm aus dem Jahr 1945 können Sie hier nachlesen. 

Wasyl Kudrenko als Zwangsarbeiter in Berlin

„Herzlich willkommen, neues Jahr 1945! Wir feiern Silvester. Ganz nah donnern Kanonen, explodieren schwere Bomben und Luftminen. Sie bringen Tod und Leid. Millionen Russen sind von ihren Familien getrennt. Sie leeren den bitteren Kelch bis zur Neige. Wie kann man so viel Leid und Grausamkeit überhaupt ertragen! (…) Ich wollte, dass alle Kriegsleiden im neuen Jahr ein Ende finden.“ 1.1.1945

„Ich arbeite weiter. Unsere Essensration verringerte sich um 70 Gramm Brot auf 300 Gramm täglich. Es wird häufig bombardiert.“ 8.1.1945

„Es schneit. Um 8.30 Uhr sagt der Chef, wir müssen Schnee beseitigen. Dann heben wir Gräber für Tote aus. Die Erde ist tief gefroren, etwa 50 Zentimeter tief. Zuerst muss man Eis und Schnee entfernen, dann mit dem Hammer und eisernen Keilen weiter arbeiten. Bisher war es uns schon schwer. Im Winter ist es noch schwerer. Der Krieg ist endlos. Es gibt praktisch kein Essen. Ich verkaufe meine besten Hosen, um Brot zu kaufen.“ 10.1.1945

Die Offensive der Sowjetarmee dauert schon 15 Tage. Die Sowjetsoldaten sind jetzt nur noch 200 Kilometer von Berlin entfernt. Die Deutschen wehren sich jedoch sehr stark. 28.1.1945

Die Berliner fühlen das Herannahen der Russen. Das Hauptthema aller Gespräche ist immer: die Russen. Um 10 Uhr gab es einen Luftangriff. Die Bomben fielen ganz nah. Der Angriff war tatsächlich sehr massiv. Unzählige Flugzeuge nahmen daran teil. Entwarnung. Jeder Russe bekreuzigte sich. Man sagt, es soll Tausende Tote gegeben haben. Wir sind alle am Leben. Alles ist in Ordnung. 2.1.1945

Das Kriegsende - die Befreiung

„Es lebe die Große Rote Armee. Dieser Tag ist der glücklichste Tag, so kann man sagen, in meinem jungen Leben. Ich, ein siebzehnjähriger Junge wurde unter Zwang nach Deutschland verschleppt, zum Leiden und zum Kummer verurteilt. Die Rote Armee hat uns letzten Endes befreit. Jetzt kann ich nach Hause zurückkehren, jetzt kann ich Heimatluft mit voller Brust ein- und ausatmen. Ich werde frei für meine Heimat arbeiten.“ 24. April 1945

 „Tag des Sieges über Hitler-Deutschland. ‚Unser Kampf ist gerecht! Wir werden siegen!‘ sagt unser lieber Führer Genosse Stalin, als der Krieg begann, als die faschistischen Tiere unsere Heimat angriffen. Diese Weisheit ist heute verwirklicht. Heute kam der Tag des Sieges. Wir haben unseren Feind besiegt! Ich, der ehemalige Häftling, bejuble diesen großen Sieg gemeinsam mit den Rotgardisten, die die Fahne des Sieges nach Berlin gebracht haben.“ 9. Mai 1945

Schon am 12. Mai verlässt Wasyl Kudrenko „das verfluchte, zerstörte Berlin“, wie er im Tagebuch schreibt und schließt sich einer sowjetischen Militäreinheit an. Das Schicksal vieler Zwangsarbeiter aus der Ukraine, als „Verräter“ gebrandmarkt und in sowjetische Lager deportiert zu werden, blieb ihm erspart. Im Oktober überquert er die polnisch-sowjetische Grenze.

Rückkehr in die Ukraine

„Ich bin schon an der Station Sagjdak. Nach einem dreijährigen Aufenthalt bin ich wieder in meinem Heimatland. Balaklija liegt 20 Kilometer von Sagjdak entfernt. Ein Brotwagen kommt, der nach Sagajdak Brot liefert. Ich steige ein und fahre nach Bilozerkowka. Dort treffe ich ein Fuhrwerk aus unserem Kolchos und fahre mit ihm nach Hause. Ich betrete das Vaterhaus. Dort empfangen mich meine Mutter und mein Vater.

Das ist das Ende des Tagebuchs.“ (16. Oktober 1945)


Das Tagebuch wurde vom Wichern-Verlag unter dem Titel " Bist du Bandit? Das Lagertagebuch des Zwangsarbeiters Wasyl Timofejewitsch Kudrenko" veröffentlicht. 

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