Martina Steffen-Elis im Interview über einsam Verstorbene

Martina Steffen-Elis im Interview über einsam Verstorbene

Martina Steffen-Elis im Interview über einsam Verstorbene

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Martina Steffen-Elis im Interview über einsam Verstorbene

Immer mehr Menschen versterben unbeachtet. Eine traurige Bilanz, findet Pfarrerin Martina Steffen-Elis. In einer Gedenkfeier für einsam Verstorbene wird in Tempelhof-Schöneberg ihrer gedacht.

Martina Steffen-Elis, wer verstirbt in Tempelhof-Schöneberg einsam?

Es sind die älteren Menschen ohne soziale Kontakte, kurz gesagt unsere Nachbar*innen, die unbeachtet sterben. Denn immer mehr Menschen haben keine Angehörigen mehr. Viele verlieren mit dem Alter nicht nur ihre Kraft, auch Freundeskreise oder ehemalige Arbeitskolleg*innen, zu denen es noch Kontakte gab, werden älter. Nachbar*innen sind dann die einzigen sozialen Kontakte, wenn jemand noch nicht durch einen Pflegedienst betreut wird.

Der Bezirk und der Kirchenkreis gestalten jährlich eine Gedenkfeier für einsam Verstorbene. Gibt es dabei einen besonders emotionalen Moment?

Der Augenblick, wo die Namen der Toten verlesen werden, ergreift mich immer sehr.  In Tempelhof-Schöneberg sind von Oktober 2023 bis jetzt 266 Menschen einsam verstorben. In solchen Momenten bewegt mich, wie viele Menschen in ihrer letzten Lebenszeit einsam werden.

Trauerfeiern sind ja eigentlich Familienangelegenheiten. Wer begräbt Verstorbene, wenn keine Familie da ist?

Der Bezirk kümmert sich darum. Einsam Verstorbene bekommen ein Grab auf einem Urnenfeld, aber weder eine Trauerfeier noch einen Grabstein. Ein unwürdiger Zustand.

An uns als Kirchenkreis traten vor mehr als drei Jahren Politikerinnen und Politiker heran, um gemeinsam eine Form zu finden, diese Menschen würdig zu verabschieden und ihrer zu gedenken. So verantworten wir - der Bezirk und der Kirchenkreis zusammen mit der katholischen Kirche, aber auch der muslimischen Gemeinschaft - dieses überkonfessionelle und interreligiöse Gedenken. 

Wie arbeiten der Bezirk und die Ev. Kirche bei der Gedenkfeier zusammen?

In der Gedenkfeier verlesen neben Kirchenvertreterinnen und Kirchenvertretern für den Bezirk der Bürgermeister Jörn Oltmann und die Stadträte Oliver Schworck und Matthias Steuckardt die Namen der Verstorbenen, denn niemand soll namenlos beerdigt werden. Wir entzünden Kerzen und tragen Texte zum Gedenken und Sterben vor. Es gibt Musik, gespielt von Nur Ben Shalom und Julia Landau.

Was können Freunde und Nachbarn tun?

In unserer Gedenkfeier wird mir immer wieder sehr klar, wie viele Menschen in dieser Stadt einsam sterben. Das ist eine große Aufgabe für uns als Kirche und Bezirk. Beim Bezirksamt können Freund*innen und Nachbar*innen anrufen und sich erkundigen, wo ein ihnen bekannter Mensch begraben wurde und ob wir an ihn erinnern.  

Wenn mehr Menschen zur Feier kommen, auch wenn sie keinen Verstorbenen gekannt haben, wäre das schön. Es ist ein Zeichen gegen die Einsamkeit in unserer Stadt und da können wir als Menschen sehr wohl etwas tun.

23. November 2024, 18 Uhr
Apostel-Paulus-Kirche
Grunewaldstr. 77a, 10823 Berlin-Schöneberg

Das Interview führte Cornelia Schwerin

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