Knut Grotrian-Steinweg erinnert sein Kriegsende im Harz

Knut Grotrian-Steinweg erinnert sein Kriegsende im Harz

Knut Grotrian-Steinweg erinnert sein Kriegsende im Harz

# KK Kriegsende

Knut Grotrian-Steinweg erinnert sein Kriegsende im Harz

Knut Grotrian-Steinweg erlebte als Zehnjähriger das Kriegsende im Harz, wohin die Familie vor den Bomben geflohen war.

Wie der Krieg zu uns kam

Im Herbst 1943 kam ich mit meiner Mutter und meinen drei Schwestern von Braunschweig nach Braunlage, in den Harz. Nur mein Vater blieb in Braunschweig, das seit 1943 immer wieder stark bombardiert wurde. Unsere Klavier-Fabrik und unsere Wohnung waren zerstört. Meine Hamburger Großeltern waren 1943 ebenfalls „ausgebombt“.

Ich merkte als damals Neunjähriger den Krieg: Es ging viel kaputt und es gab große Unruhe. In unserer Schule in Braunlage kamen jede Woche neue Mitschülerinnen und Mitschüler dazu: Flüchtlinge aus Ostpreußen, Schlesien oder Familien aus den Großstädten, die ausgebombt waren und nun in der Kleinstadt ein Quartier erhielten. Wir als Kinder erlebten, dass Menschen trauerten, weil Angehörige im Krieg gestorben waren.

Die Ereignisse um Stalingrad und andere Kriegsberichte habe ich mit neun Jahren sehr wohl mitbekommen. Außerdem flogen ab 1943 die englischen und amerikanischen Flugzeugflotten über den Harz hinweg nach Braunschweig und wir sahen aus der Ferne die brennende Stadt. Das Kriegsende war für uns da schon greifbar.

Als der Krieg endet

Am 20. April rückten die amerikanischen Soldaten vor und nahmen Braunlage ein. Es gab zwar noch erheblichen Schusswechsel, unser Haus lag inmitten der Schusslinie, aber  es wurde kein Mensch mehr getötet. Bei uns stand ein amerikanischer Soldat in der Tür und soweit ich mich erinnere, sprach er deutsch. Er benahm sich uns gegenüber unglaublich korrekt.

Nachdem die Amerikaner Braunlage eingenommen hatten, wurden ein Bürgermeister und die Verwaltung  neu eingesetzt. Es ging in jenen Tagen schnell in den Alltag über, sofern das unter den Nachkriegsbedingungen möglich war. Wir hatten wochenlang, von April bis September, keine Schule mehr gehabt. Es waren die Frauen und Mütter, die unser Leben organisierten und den Alltag aufrecht hielten.

Die Erwachsenen beschäftigte die Frage, ob die Verwandten aus den Gebieten im Osten noch lebten und wer im Krieg gefallen war. Es gab kaum eine Möglichkeit, sich zu verständigen, weil man weder telefonieren noch Briefe schicken konnte.

Der 8. Mai

Wir haben die Kapitulation am 8. Mai 1945 gar nicht mitbekommen, denn es gab keine Zeitung und der Radioempfang war im Harz sehr schlecht. Das Kriegsende begann überall irgendwann im April und endete im Mai. Gab es Scham über diesen Krieg? Ich denke zu diesem Zeitpunkt: nein.

Die Konzentrationslager und was alle furchtbares geschehen war - ich denke die Erwachsenen haben auch vor 1945 schon davon gewusst, aber wie schrecklich und grausam das alles war, das hat sich keiner klar machen wollen.

Nach dem Krieg haben wir als Schüler in unserem Braunschweiger Gymnasium viel über das Scheitern der Weimarer Republik, die Machtergreifung der Nazis und den Widerstand von Stauffenberg und anderen diskutiert. Ich erinnere mich, ein Mitschüler meinte, wenn man ein Attentat gegen Hitler ausführe, dann müsse das gelingen. Das Misslingen fand er unverzeihlich.

Knut Grotrian-Steinweg, aus der Kirchengemeinde Berlin-Dahlem, lebt in Berlin-Steglitz. Er wurde 1935 geboren und lebte lange in Braunschweig.

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